Willkommen beim Nachbarn – die Türkische Kulturgemeinde Fechenheim

Wir treffen uns vor dem neuen, mit wunderschönen Ornamenten verzierten Eingangstor zur Eyüp-Sultan-Moschee in der Mittelseestraße. „Die Tür ist gerade erst vor zwei Wochen eingebaut worden. Sie wurde für uns extra in der Türkei gefertigt“, erzählt Hakan Sevindi, Mitglied des Vorstands der Türkischen Kulturgemeinde Fechenheim. Wir haben uns letztes Jahr im Dezember bei der sehr interessanten und gut besuchten Veranstaltung „Jude und Muslim, Freund oder Feind?“ kennengelernt und ich war schon lange neugierig auf den mir bisher unbekannten Nachbarn.

Zunächst zeigt mir Hakan die Moschee mit dem Gebetsraum und den angrenzenden Besprechungs- und Seminarräumen. Ich bin sehr beeindruckt von der prachtvollen Ausstattung mit dem tief türkisen Teppich und der reich verzierten Gebetsnische (Mihrāb) und Gebetskanzel (Minbar), von denen aus der Imam seine Ansprachen hält.

Hinter dem Gebetsraum geht es zu gleich mehreren Seminarräumen, in denen Religion und Sprache unterrichtet wird und die auch zur Hausaufgabenbetreuung genutzt werden. „Das war vor allem während der Schulschließungen in der Coronazeit sehr wichtig. Viele Kinder wohnen sehr beengt mit ihren Familien und konnten zu Hause nicht lernen.“ merkt Sevindi an und fügt hinzu: „Falls jemand im Stadtteil mal Seminarräume braucht, kann er sich gerne bei uns melden, die stellen wir auch anderen bei Bedarf zur Verfügung.“

Im Aufenthaltsraum sind wir heute allein. Es ist Ramadan, islamischer Fastenmonat, deshalb trifft man sich heute hier auch nicht auf einen Tee oder ein Schwätzchen, wie es sonst vor allem unter den älteren Gemeindemitgliedern üblich ist. Das nachbarschaftliche Miteinander ist dem Verein mindestens genauso wichtig, wie gläubigen Muslimen den ganzen Tag über Gelegenheit zum Gebet zu bieten. „Vorbei kommen und Teetrinken kann aber jeder, wir sind offen für alle Nachbarn, egal welchen Glaubens.“, betont Hakan Sevindi und erwähnt außerdem, dass gerade nach einem Pächter für ein geplantes Nachbarschaftsrestaurant gesucht wird.   

Die 1998 gegründete Türkische Kulturgemeinde zählt 150 feste Mitglieder, dazu kommen noch 50-60 Menschen, die regelmäßig spenden. Finanzieren muss sich der Verein zu hundert Prozent selbst. „Wir wollten von Anfang an keine Abhängigkeiten“ stellt Hakan Sevindi klar.

Die Arbeit für den Verein wird ausschließlich ehrenamtlich geleistet, vor allem von den sieben Vorstandsmitgliedern. Neben dem Betrieb der Moschee wird viel in Jugendarbeit investiert. Am Wochenende werden Freizeitaktivitäten wie Fußballspielen und Filmeschauen angeboten und dabei Jugendliche angesprochen, die sich oft nur auf der Straße treffen können. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie aus einem türkischen, deutschen, marokkanischen, bosnischen oder italienischen kulturellen Hintergrund stammen. Sie wohnen (fast) alle in Fechenheim.

Vor Corona hat der Verein während des Ramadan zum Sonnenuntergang täglich gemeinschaftliches Fastenbrechen organisiert. Diese Sitte hätte man in diesem Jahr wieder aufnehmen können, aber es wurde beschlossen, das dafür benötigte Geld lieber für die Erdbebenopfer in der Türkei zu spenden. Eine Ausnahme wird es geben: am 17.4. ab 20:28 Uhr wird für alle Nachbarn geöffnet sein, um gemeinsam zu essen.

„Was wünscht du dir für den Verein in der Zukunft?“ möchte ich wissen. Hakan überlegt einen Moment und meint dann: „Einen noch besseren Austausch mit der direkten Nachbarschaft. Wir sind im Stadtteil mit vielen Institutionen gut vernetzt, wie dem Regionalrat, dem Verein „Zukunft Fechenheim“, dem Quartiersmanagement und anderen. Wir nehmen auch an der Aktion „Bunte Tafel“ auf der Linne am 16. September diesen Jahres teil. Aber wir würden uns wünschen, dass mehr direkte Nachbarn auch mal bei uns vorbeikämen und dass es mehr direkten Austausch zwischen Gemeindemitgliedern und anderen Gruppen gibt.“ Im kommenden Sommer wird der Kulturverein zu diesem Zweck wieder für drei Tage eine Kirmes auf seinem Gelände veranstalten und hofft dabei auf rege Beteiligung der Nachbarschaft.

Wir sind uns einig, dass gemeinsames Essen und vielleicht auch Musik gute Katalysatoren sind, um Menschen zusammen zu bringen.

Ein fröhliches und gesegnetes Zuckerfest!

(Das Zuckerfest bezeichnet das Ende des Fastenmonats Ramadan und wird dieses Jahr vom 21.4. bis 23.4. gefeiert).

1 Gedanke zu „Willkommen beim Nachbarn – die Türkische Kulturgemeinde Fechenheim“

  1. Hallo Frau Friebertshäuser!
    Ich habe ihre Begegnung an Ramadan mit der türkischen Kulturgemeinde in Fechenheim gelesen. Ich kann mich nur Ihrer Meinung anschliessen, dass es wichtig ist, einen Kontakt zwischen beiden Religionen zu pflegen.. Mein Mann und ich haben viele afrikanische Moslems kennengelernt durch die” International Officers School” in Montgomery, Alabama, und gelernt, diese Religion zu verstehen.
    Ramadan und Ostern liegen so nahe zusammen. Ich finde, man soll das Positive beider Religionen sehen und das Gemeinsame fördern. Die Einstellung Hakans finde ich grossartig.

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