Die Bildungspaten sind zurück!

Wir treffen uns im Wohnzimmer, genauer gesagt auf der überdachten, an den Café-Raum angrenzenden, liebevoll gestalteten Innenhofterrasse des „Café Cult fee“.

Hier haben die Bildungspaten mit freundlicher Unterstützung der Betreiberin Elke Dippel ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Hier treffen sie sich, um am „Stammtisch“ ihre ehrenamtliche Arbeit mit Kindern aus Einwandererfamilien zu besprechen. Hier haben sie ihr „Büro“ mit Kopierer und einer umfangreichen Literatur- und Materialsammlung für alle Mitglieder leicht erreichbar deponiert.

Und hier genießen sie den hauseigenen selbstgebackenen Kuchen.
Dann kam Corona und verordnete einer jahrelangen Erfolgsgeschichte für 18 Monate eine Zwangspause mit nur einer kleinen Unterbrechung am Ende letzten Jahres.

Es ist Gabi Roth, Helga Rautenberg und Wolfgang Gerger bei unserem Gespräch deutlich anzumerken, wie sehr sie sich auf die Zeit nach den Sommerferien freuen, wenn alle Mitglieder der Gruppe gegen Corona geimpft sind und sie gemeinsam wieder voll durchstarten können.

Ein Kind. Ein Pate. Eine Stunde.

Die Vorbereitungen mit der Konrad-Haenisch-Schule und der Schule am Mainbogen sind im vollen Gang, damit sie im neuen Schuljahr wieder mit ausgewählten Kindern, jeweils zehn Minuten Deutsch lesen, sprechen und schreiben üben und – ganz wichtig – zum Schluss spielen. Das Prinzip lautet: „Ein Kind. Ein Pate. Eine Stunde“.

„Das Mülltrennungsspiel der FES war der Hit“, lacht Helga, „nicht nur die Kinder, auch ihre Familien könnte man jetzt jederzeit als Experten zum Thema einladen.”

„Wir machen auch gerne kleine Rollenspiele. Da geht es nicht nur um die richtige Ausdrucksweise, sondern auch um die Vermittlung unserer Alltagskultur. Dazu gehört nicht nur „bitte“ und „danke“, sondern gerne auch mal ein Lächeln im Gesicht“, fügt Gabi hinzu.

Wolfgang fasst zusammen: „Es ist ja kein Nachhilfeunterricht, den wir geben. Dafür gibt es andere Angebote. Wir bemühen uns um Hilfe bei der Integration in unsere Kultur und sind für die Kinder da, wenn Sie Fragen haben.“

Selbstorganisierte Macherinnen und Macher

Alle drei Interviewpartner an diesem Tag sind Urgesteine der Bildungspaten und fast alle seit den Anfängen im Jahr 2012 dabei. Die Gruppe gründete sich damals aus dem Verein „Zukunft Fechenheim“ heraus, hat sich aber selbst mit Absicht keine Vereinsstruktur gegeben. „Dann verwendest Du einen Großteil deiner Zeit, um für das Finanzamt zu arbeiten und nicht für die Kinder“, winkt Wolfgang ab.

Auch für eine effektive Organisationsstruktur wird kein Verein gebraucht. Gabi ist als Organisatorin die erste Ansprechpartnerin der Bildungspaten und verantwortet die Finanzen. Darüber hinaus hält sie auch den Kontakt zur Schule am Mainbogen und der Konrad-Haenisch-Schule.

Helga stellt als – neudeutsch – „Materials Manager“ sicher, dass im Fundus des Café Cult fee immer ausreichend Schreib- und Lesematerial zur Verfügung steht. Wolfgang fungiert ab dem neuen Schuljahr als zusätzlicher Ansprechpartner für die Konrad-Haenisch-Schule. Darüber hinaus gibt es noch jemanden, der sich vor allem um Spenden bemüht. Entscheidungen werden in dieser kleinen Gruppe einvernehmlich getroffen. Wenn das mal nicht möglich ist und bei prinzipiellen Themen, wird das Thema am Stammtisch verhandelt.

Die Zahl der aktiven Mitarbeiter gibt dem Modell Recht und könnte den einen oder anderen Vereinsvorstand vor Neid erblassen lassen.

Die Welt zu Hause in Fechenheim

32 Bildungspaten betreuen ungefähr 40 Kinder, die von überall aus der Welt aus sehr unterschiedlichen Gründen mit ihren Familien nach Fechenheim gekommen sind. Es gibt Kinder aus Afghanistan, Jemen und Syrien, die mit ihren Familien vor Krieg und Verfolgung flüchten mussten, Kinder aus europäischen Ländern wie Polen, Rumänien, Italien, deren Eltern hier Arbeit gefunden haben, aber auch Kinder aus China und Ecuador.   

Schon 2014 hat die Gruppe dafür den Integrationspreis der Stadt Frankfurt bekommen und nimmt auch dieses Jahr wieder an der Ehrenamtsmesse in Frankfurt am 25. September teil. Wer will, kann sie dort am Stand Nummer 13 treffen.  Das 10-jährige Jubiläum nächstes Jahr löst auch schon allgemeine Vorfreude aus.

Gutes tun und sehen, dass es funktioniert

„Warum macht ihr das? Was motiviert Euch?“ will ich gerne wissen.
„Man möchte nicht zu Hause sitzen und auch im Vorruhestand noch einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen. Ich habe so viel gelernt im Leben und auch Erfahrungen gesammelt, die möchte ich gerne weitergeben.“ sagt Wolfgang dazu. Und: „Es ist schön zu sehen, wie sich die Kinder weiterentwickeln.“
Helga fügt hinzu: „Es macht Spaß, die Erfolge der Kinder zu sehen. Es bilden sich teilweise langfristige Kontakte bis in das Erwachsenenalter hinein und ich habe Kinder, die ich anfangs betreut habe, schon das Abitur machen sehen. Kinder fragen aktiv nach, ob man wiederkommt und ob ihre Geschwister auch Unterstützung bekommen können.“
Gabi bringt es auf den Punkt: „Es macht Spaß, es funktioniert, es ist erfolgreich. Eins unserer Markenzeichen ist, dass wir auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder eingehen. Dadurch bauen wir ein Verhältnis auf.“

Bildungspaten weiterhin gesucht

Dabei hat nur eine Minderheit der Bildungspaten pädagogische Vorerfahrung.
„Die“, meint Gabi, ist auch nicht wirklich notwendig, sondern Spaß und Freude im Zusammensein mit Kindern. „So, wie ich meinen Sohn erzogen habe, so verhalte ich mich auch den Kindern gegenüber.“
Dazu Helga: „Eine gewisse großmütterliche oder großväterliche Geduld ist auch sehr hilfreich.“

Dies alles wünscht man sich auch von zukünftigen Mitstreitern. Die sind nach wie vor hochwillkommen, weil es fast immer auch eine Warteliste von Kindern gibt, aber nicht immer genug Bildungspaten. Neue Bildungspaten werden sorgfältig eingearbeitet, indem sie erstmal bei anderen hospitieren und sie dann jemand aus der Gruppe bei ihrem ersten Treffen zur Unterstützung und anschließendem Feedback begleitet.

Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Funktion des „Stammtischs“. Bei diesem regelmäßigen Treffen werden Erfahrungen ausgetauscht, und auch schon mal schwierige Situationen besprochen. So lernt die Gruppe gemeinsam und stellt ein qualitativ homogenes Engagement mit den Kindern sicher.

Wenn die Fee mit den 3 Wünschen käme…

….würde sich Wolfgang weiterhin Unterstützung durch die Stadt Frankfurt wünschen, mit denen die Bildungspaten weitere Notepads für die Arbeit mit den Kindern anschaffen könnten. Auch die Anschaffung von Trennwänden aus Plexiglas hat sich während der Corona Pandemie bewährt und wird als Vorsichtsmaßnahme wohl noch eine Weile notwendig sein.
Gabi träumt davon, freie Mittel zur Verfügung zu haben, um den ehrenamtlichen Mitgliedern mal ihre Auslagen, z.B. für Fahrkarten, erstatten zu können. Außerdem würde sie gerne ein großes Fest im Stadtteil zum 10-jährigen Jubiläum veranstalten.

Und der letzte Wunsch kommt von Helga:
„Ich wünsche mir, dass alle Kinder da aufwachsen können, wo sie es wollen und dass sie dort, wo sie gerade sind, ein schönes Zuhause haben.“

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer vielleicht der Kontonummer:

IBAN: DE45 1001 0010 0527 1371 24
Kontoinhaberin: Gabriele Roth
Bank: Postbank
BIC: PBNKDEFF

4 Gedanken zu „Die Bildungspaten sind zurück!“

  1. Liebe Bildungspaten, ich freue mich zu hören, dass es weitergeht und ich wünsche Euch weiterhin viel Erfolg, Spaß bei der Arbeit und: Bleibt alle gesund!
    Viele Grüße vom Exbildungspaten Joachim Werner aus dem Emsland

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  2. Es ist eine tolle Arbeit die dort geleistet wird. Ich selbst habe es zwei Jahre gemacht. Dann aber aus gesundheitlichen Gründen und weil der Weg für mich so weit war aufgehört. Es war schön den Erfolg meiner betreuten Kinder zu sehen.
    Gabi Roth leistet eine tolle Arbeit, prima und danke Gabi.
    Helga Lorenz

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