Haupteinfallstor nach Frankfurt aus östlicher Richtung ist die Hanauer Landstraße. Tagtäglich wälzen sich Stoßstange an Stoßstange hunderttausende Autos und LKW in die Stadt und auch wieder heraus. Spurrillen, Schlaglöcher und Baustellen, dazwischen das Gleisbett für die Straßenbahn. Und marginalisiert: Fußgänger:innen und Radfahrer:innen, die als Randnotiz neben dem Verkehr laufen und radeln und beim Überqueren der Straße trotz grünen Ampeln ihr blaues Wunder erleben.
Dringend erforderlich entlang der Hanauer Landstraße: Mehr Glück als Verstand für Zweibeiner und -räder
Autofahrer:innen sind genervt. Scheinbar zu selten lassen sich auf der Hanauer Landstraße die 50 km/h erreichen, die als Geschwindigkeitsbegrenzung in der Stadt gelten. Zu oft sind Ampeln rot, blockieren LKW oder Baustellen eine Fahrbahn und führt der Stau in der Rushhour nahezu zum Stillstand. Kein Wunder also, dass jeder Meter freie Fahrt mit durchgedrücktem Gaspedal begrüßt wird. Wer nicht im lärm- und abgasgeschützten Fahrgastraum eines Kraftfahrzeugs sitzt und keine blecherne Knautschzone sein Eigen nennt, hat das Nachsehen, braucht eiserne Nerven und eine ordentliche Portion Glück.
Radwege und Bürgersteige gleichen oft einem Slalomparcours mit tiefen Schlaglöchern, unvermutet abgestellten E-Rollern und Autos, die sich aus den Ein- und Ausfahrten in den fließenden oder stehenden Verkehr der Hanauer Landstraße einzureihen versuchen. All diesem gilt es unbeschadet auszuweichen. Und hat der Himmel seine Schleusen mal geöffnet, können sich Radfahrer:innen und Fußgänger:innen auch immer mal wieder über einen Schwall Wasser von der Seite freuen – dank tiefer Spurrillen und Rinnsteine auch noch in drei Metern Entfernung von der Straße. Als Survival-Training gelten darf in jedem Falle der Versuch, die Hanauer Landstraße legal über eine der Fußgängeramplen zu überqueren.
Von Insel zu Insel: Eine (lebens-)gefährliche Rundreise zu Fuß
Kurz vor dem Ortsende von Frankfurt würden Autofahrer:innen gerne auf die Tube drücken. Endlich raus aus der Stadt, raus aus dem Stau! Einzig die leidigen Zweibeiner und -räder sind hinderlich, denn ihnen wurde qua Ampel das Recht eingeräumt, auf die andere Straßenseite zu kommen – und das an immerhin 14 Stellen rund um die Mainkur.
Eigentlich grün, aber dennoch (k)ein Durchkommen
Fechenheimer:innen auf dem Weg zum Bahnhof Mainkur kennen und fürchten die Fußgängerampel 1 (siehe Satellitenbild).
Von der Alt Fechenheim kommend, wartet man rund 90 bis 120 Sekunden auf grünes Licht. Dann wird es hektisch: In nur 10 Sekunden müssen die zwei Fahrbahnen überquert werden, um die rettende dreieckige Verkehrsinsel zu erreichen. Von Rechtsabbiegern aus der Alt Fechenheim droht Fußgängern inzwischen keine Gefahr mehr, dafür aber von stadtauswärtsfahrenden Autos auf der Hanauer Landstraße.
Oft entstehen hinter den Linksabbiegern (Ampel 2) auf der Hanauer Landstraße Rückstaus. Die Geradeausfahrenden registrieren dann häufig nicht, dass sie eigentlich inzwischen rot haben, wenn sich der Rückstau wieder auflöst. Sie geben wohlgemut Gas: Die für sie geltende rote Ampel 13 sehen sie nicht, sie liegt hinter ihnen. Und auf Höhe der grünen Fußgängerampel vor ihnen gibt es keine zusätzliche rote Ampel für Autofahrer.
Wer als Fußgänger:in am eigenen Leben hängt, lässt die Autos vorbeifahren – in der Regel ist die Ampel dann aber wieder rot, das Warten beginnt erneut. Geduld ist gefragt – vor allem vonseiten der Zweibeiner und -räder.
Ampelphasen – auf die Plätze, fertig, los
Gehen oder stehen, rot und grün – die Ampelphasen der Fußgänger. Bis zu zwei Minuten beträgt die Wartezeit bei einer roten Ampel. Die Grünphasen variieren zwischen 7,5 und 42 Sekunden. Eine Korrelation zwischen Breite der Straße und eingeräumter Zeit sie zu überqueren, scheint es aber nicht zu geben. Auch spielt wahrscheinlich die Durchschnittsgeschwindigkeit der Menschen keine Rolle für die gewählte Dauer der Grünphase. Mal scheinen knapp 8 Sekunden ausreichend, um zwei Fahrbahnen zu überqueren, mal sollen in 10 Sekunden für vier Fahrbahnen plus Gleisbett ausreichen.
Der Übergang auf Höhe der Cassellastraße ist ein Beispiel für eine Fußgängerampel, die eine Grünphase von 10 Sekunden hat, die zudem oft aufgrund von Rückstaus von LKWs verdeckt wird und dann gar nicht zu sehen ist. Autos, die aus der Cassellastraße stadteinwärts auf die Hanauer Landstraße abbiegen, haben selten die Fußgänger im Blick. Jeden Tag gibt es hier brenzlige Situationen – auch aufgrund der Straßenbahn, deren Passagiere auf die Hanauer Landstraße aussteigen müssen. Die Türen sind oft von Autos blockiert und es gilt als Lebensversicherung, vor dem Ausstieg einen Blick auf die Straße zu richten, nicht dass doch noch ein Auto Gas gibt, um an der haltenden Straßenbahn vorbeizufahren…
Mehr Sicherheit für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen
Deutschland leidet nicht an einem Mangel an Regelmentierungen, Regeln und Bürokratie – trotzdem scheint es nicht möglich zu sein, den Verkehr auf der Hanauer Landstraße so zu steuern, dass Fußgänger:innen und Radfahrer:innen beim Überqueren der ihr zugewiesenen „sichereren“ Schneisen – sprich: Fußgängerampeln – einigermaßen sicher sind.
Fotos: Google-Maps, Nicole Arend
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