Es sind sicher auch die positiven Kindheitserinnerungen an Fechenheim, die Volker Rothenburger, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Frankfurt am Main, dazu motiviert haben, nach Dienstschluss einer Einladung von Valeria Martinez de Ganß, der neuen Vorsitzenden der CDU Frankfurt-Ost zu folgen und eine Führung für interessierte Fechenheimer durch das Landschaftsschutzgebiet Frankfurter Mainbogen anzubieten. „Damals bin ich aus Spaß mit meinem Kinderrad immer mitten in das Hochwasser reingefahren“, schmunzelt er und weist die Gruppe von 17 Erwachsenen und zwei Kindern, die sich an der Haltestelle Schießhüttenstraße eingefunden haben, darauf hin, dass der Fechenheimer Mainbogen als größtes unbebautes Auengebiet Frankfurts der Stadt auch schon immer als wichtiges Überschwemmungsgebiet gedient hat. Seit 2015 wird dieses Gebiet, das bisher hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt wurde, im zurzeit größten Naturschutzprojekt der Stadt Frankfurt renaturiert.
„Dinge, an die man gewöhnt ist, nimmt man zu schnell als selbstverständlich“, gibt Herr Rothenburger zu bedenken, „die Gestaltung des Mainbogens hätte auch ganz anders kommen können, unter anderem war auch mal eine Bundesstraße als Zubringer zur Autobahn geplant.“ Diese naturnahe Auenlandschaft gehört in Frankfurt wie die Schwanheimer Düne und der Berger Hang zu den herausragenden Landschaftsschutzgebieten. Die Fechenheimer können sich glücklich schätzen, dieses für Ökologie und Naherholung gleichermaßen bedeutsame Stück Natur direkt vor der Haustür zu haben.
Nachdem die Spaziergänger den Friedhof passiert haben, ist der erste Stopp im benachbarten Weichholzauenwald. Dieser bildet die Begrenzung zum Main und besteht hauptsächlich aus Gehölzen wie Weiden, Pappeln und Erlen, die der Strömung des Flusses bei Überschwemmung standhalten können. Herr Rothenburger weist auf das sehr unterschiedliche Alter der Bäume hin. „Hier dürfen die Bäume altern und werden, anders als in den meisten Frankfurter Forsten, nicht vorher entnommen.“ Sie dürfen auch umfallen und ein „echtes Dorschenanner“ (VR) verursachen. Das Grünflächenamt sorgt nur dafür, dass die Wege freibleiben und niemand gefährdet wird.
Die nächste Station ist der Altwasserteich, der bereits 2015 im Rahmen der ökologischen Ausgleichsmaßnahme für den Bau des Riederwaldtunnels angelegt wurde. „Oft wird uns die Frage gestellt: Warum pflanzt Ihr nicht ein paar Bäume, das sieht ja alles so kahl aus?“ erzählt Rothenburger. Dabei übernimmt die Natur die „Bepflanzung“ schon selber, mit Pflanzen, die natürlich an diesem Standort vorkommen. Deutlich sieht man heute schon die jungen Pappeln und Weiden. In ein paar Jahren wird die Böschung dicht bewachsen sein und auch der kleine Weiher hoffentlich zu einem begehrten Brutgebiet für selten gewordene Vögel werden.
Während wir so stehen und die Abendsonne genießen, beobachten wir Spaziergänger, die ihren Hund im Wasser baden lassen. „Hunde sind ein riesiges Problem für jedes Schutzgebiet, Vögel haben so keine Chance ungestört zu brüten und sich anzusiedeln“, meint Volker Rothenburger leicht resigniert. Die Gruppe diskutiert, ob man nicht klare Hinweisschilder aufstellen sollte, die Hundehalter auffordert, Ihre Hunde anzuleinen. Einige Teilnehmer meinen, dass das Problem vielen nicht bewusst sei.
Weiter geht es zum 2019 geschaffenen 625 m langen Main-Nebenarm. „Wir wollten mit der Schaffung des Altarms, eine Wasserzone mit geringer Flussgeschwindigkeit und Turbulenzen durch den Schiffverkehr schaffen, um so den Fischen das Laichen zu erleichtern.“ erzählt Herr Rothenburger, während uns ein Storch von der mainseitig gelegenen Insel beobachtet. Das scheint ja dann mit den Fischen und Fröschen schon mal ganz gut geklappt zu haben. Der Eisvogel wurde auch schon mehrfach hier fotografiert und wie wir schon letztes Jahr in einem Artikel im mainkur:ier berichtet haben, hat insgesamt die Artenvielfalt von Flora und Fauna erheblich zugenommen. Die ökologische Entwicklung des Schutzgebiets wird vom Forschungsinstitut Senckenberg begleitet und dokumentiert.
Wieder gibt es eine Diskussion unter den Teilnehmern: Sollte es nicht mehr Sitzbänke und Mülleimer im Landschaftsschutzgebiet geben? Viele Ältere und Geh-Eingeschränkte würden sich das wünschen. Einige hegen allerdings die Befürchtung, dass dann die Müllbelastung zunehmen würde. Man fürchtet auch, dass sich manche zu Sommerparties animiert fühlen könnten. Wie so oft wird man auch hier einen Kompromiss zwischen dem Naherholungsbedürfnis der Menschen und dem Schutz der Tierwelt finden müssen.
Weitgehend einig sind sich allerdings alle, dass die Plastikfolien, die im Frühjahr auf die im Mainbogen verbliebenen Felder ausgelegt werden, nicht in den ökologischen Kreislauf eines Landschaftsschutzgebiets gehören. Nach Aussage der Betreiber, soll das Plastik angeblich rückstandsfrei verrotten, aber mit einem gezielten Griff hebt Herr Rothenburger ein durchaus intaktes Stück Plastikfolie vom Boden auf. „Da wäre es hilfreich, wenn wir eine offizielle Anfrage über den Ortsbeirat bekämen. Wir sind als Behörde zu knapp besetzt, um solche Verstöße pro-aktiv zu verfolgen.“
Das steht noch in den Sternen und das ist schade, findet nicht nur Volker Rothenburger. Der aufwendigste Teil des Projektes ist die Flurbereinigung, bei dem sehr viele private Grundstücke durch Tausch oder Ankauf zu zusammenhängenden Ackerflächen zusammengelegt werden. Dieses Verfahren läuft schon seit ungefähr 20 Jahren und wird eventuell noch drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Parallel kann aber durchaus schon die Planung beginnen. Wann genau wir aber durch die neu geschaffene Altarm-Landschaft über die vielen Brücken flanieren und uns an den vielen neuen Einwanderern in Flora und Fauna freuen, ist heute noch nicht festgelegt.
Wer selbst demnächst einmal an einer Exkursion durch den Fechenheimer Mainbogen teilnehmen will, dem seien die Aktionsnachmittage der „Wildlotsen“ am 10.7., 25.9. und 9.10. empfohlen, die vom Umweltamt der Stadt Frankfurt im Rahmen des Projektes “Städte wagen Wildnis” organisiert werden.
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