Offene Kirche – ein Erfahrungsbericht

Ab und zu rauscht draußen der Bus vorbei, ein Hund verbellt einen anderen und zwei Nachbarn unterhalten sich quer zum Verkehr über die Pfortenstraße hinweg.

Ansonsten ist es ruhig an diesem Freitagnachmittag in der etwas dämmrig gehaltenen Melanchthonkirche. Die Altarkerzen brennen und in der kleinen Andachtsecke im hinteren Teil des Kirchenraums haben Besucher Lichter angezündet. Vielleicht haben sie dabei an liebe Menschen gedacht, an jemanden, die gerade gestorben ist, an jemanden, der schwer krank ist. Vielleicht haben sie auch große Wünsche mit dem Licht auf die Reise schicken wollen: nach einer großen Familie, Sinn im Beruf oder Frieden auf Erden.

Seit mehr als 250 Jahren tragen Menschen in Fechenheim ihre Gebete, Wünsche und Hoffnungen in die Melanchthonkirche und seit dem Jahr 2023 können sie das, unabhängig von ihrem Glauben oder Nicht-Glauben, nun auch außerhalb der Gottesdienstzeiten und Andachten tun. Ein kleine Gruppe von Gemeindemitgliedern hält die Kirchenräume nachmittags für zwei Stunden an Werktagen offen. Im Winter wird darauf verzichtet, um weiterhin die Heizkosten in einem vernünftigen Rahmen zu halten und auch das eigene Erkältungsrisiko zu beschränken.

Was suchen die Menschen, die, zumeist spontan, die Kirche betreten? Die Älteren erinnern sich an ihre Konfirmation, Hochzeit, die Taufe der Kinder und wollen auch gerne davon erzählen. Etliche scheinen zum ersten Mal eine christliche Kirche von innen zu sehen. Mit Blick auf den Altar entfährt es einem achtjährigen Mädchen: „Ist ja voll cool hier“. Die beiden kleinen Brüder trauen sich trotzdem nicht über die Türschwelle. Einige interessieren sich vor allem für die schöne Innenraumgestaltung oder für die Kirchenfenster des französischen Glasmalers Robert Pillods aus den 1960er Jahren.

Eine junge Frau kommt regelmäßig, um Kirchenlieder zu singen, es kommen Menschen, die in sozialen Schwierigkeiten sind und konkrete Hinweise brauchen, wo sie Unterstützung finden können.

Wenige, aber es gibt sie, möchten gerne über Glauben reden. Gibt es Gott? Was ist der Unterschied zwischen katholisch und evangelisch?

Die meisten allerdings bleiben still, schauen sich um, zünden eine Kerze an und setzen sich vielleicht in eine Kirchenbank oder vor das Bild „Schattenspiel“ der am 10. März 2024 verstorbenen Fechenheimer Malerin Gabriele Bechtel, das sie der evangelischen Kirchengemeinde freundlicherweise als Leihgabe für die Andachtsecke zur Verfügung gestellt hat. Die menschlichen Schatten, die dort aus einer Felswand heraus (oder hinein?) zu treten scheinen, wirken auf mich wie die sichtbar gewordenen Erinnerungen und Sehnsüchte von Menschen, die in diesen Räumen seit Jahrhunderten beten.

Oder sehen Sie vielleicht etwas ganz anderes? Kommen Sie doch einfach mal vorbei und schauen es sich an. Ab Ostern ist die Kirche wieder mehrmals in der Woche geöffnet. Die Öffnungszeiten können Sie aus dem Aushang der Melanchthonkirche oder der Internetseite der Kirchengemeinde entnehmen.

Wir würden uns sehr über zusätzliche Helfer freuen, die vielleicht zwei bis vier Stunden Zeit im Monat investieren und damit dazu beitragen wollen, die Kirche auf Dauer für alle Menschen im Stadtteil offen zu halten. Auch dabei spielt es keine Rolle, ob sie zur evangelischen Gemeinde gehören oder nicht. Bei Interesse, vielleicht auch einfach nur zum Ausprobieren, können sie gerne Dieter Merget kontaktieren: dieter.merget@online.de  oder 069/412353.

(Dieser Artikel erschien zuerst in der Märzausgabe des Gemeindebriefs der evangelischen Kirchengemeinde Fechenheim.

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