Nach meinem Filmstudium von 2018 bis 2020 an der renommierten Northern Film School in Leeds habe ich die Araberstute Jenny und ihre Eigner Anne und Werner Weischedel während meiner Arbeit mit ihnen an „THE WALK“ kennengelernt. Diesen Kurzfilm haben im letzten Jahr viele Menschen in Fechenheim „Open Air“ auf dem Spielplatz an der Konstanzer Straße gesehen.
Im Sommer 2021 habe ich erfahren, dass Jenny ein Problem mit Melanomen hat. Ein besonders großes hat sich an der Schweifrübe gebildet. Deutlich sichtbar als dunkle, fast apfelgroße Wucherung wurde es im Herbst. Der Tumor hebt sich deutlich vom weißen Fell ab.
Immuntherapie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule in Hannover (TiHo)
Im Oktober hörte ich durch Zufall davon, dass an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover seit 2015 eine Studie mit einer Impfung gegen solche Melanome durchgeführt wird. In den USA ist der Impfstoff bereits für Hunde zugelassen, nicht aber für Pferde. Die Verfahren bis zu einer Zulassung sind sehr langwierig, da sind sieben Jahre noch keine besonders lange Zeit. Beim mRNA-Impfstoff gegen Corona ging es mit entsprechenden Notfallzulassungen deutlich schneller.
Die Impfung soll das körpereigene Abwehrsystem stimulieren und richtet sich gegen tumorassoziierte Proteine. Der Impfstoff ist ein Produkt der in Deutschland sehr umstrittenen Gentechnik, ebenso wie der mRNA-Impfstoff gegen Corona, gegen den es weit weniger Bedenken gibt. Ich habe selbst viele Jahre als Chemiker in der DNA-Diagnostik gearbeitet und den Widerstand gegen die moderne Molekularbiologie erlebt. Das Behandlungsverfahren ist Gegenstand der Forschung und es bleibt abzuwarten, ob der intelligente Ansatz dieser Immuntherapie als erster Schritt dient, das Wachstum des Melanoms zu verlangsamen.
Nach den bisher vier Injektionen im Abstand von jeweils 2-3 Wochen sind kaum Nebenwirkungen zu erkennen. Bei einer gesteigerten Aktivität des Immunsystems ist beispielsweise mit leichtem Fieber, Abgeschlagenheit oder Müdigkeit zu rechnen. Anders wäre es bei einer Chemotherapie – falls es diese für solch große Tiere wie Pferde überhaupt gibt – deren Nebenwirkungen Jennys hohe Lebensqualität erheblich beeinträchtigt hätte. Sie verliert zwar derzeit viele Haare, aber das ist nur das Winterfell, welches jetzt auf natürliche Weise entsorgt wird.
Mit dem Transporter nach Hannover und zurück
Ein Punkt in der Diskussion mit Weischedels waren die enormen Belastungen der langen Fahrten für das Pferd und alle Teilnehmenden. 700 Kilometer an einem Tag in einem Transporter sind kein Pappenstiel, und gerade im Winter kann die A7 über die Kasseler Berge allerhand Gefahren bergen.
Zwei Wochen vor der geplanten ersten Fahrt war der Transporter verfügbar und es musste erst einmal das Einsteigen geübt werden. Würde Jenny, ein an Freiheit gewöhntes Pferd, überhaupt in den Transporter einsteigen? Der initiale Kontakt – Riechen und der erste Hufkontakt – war eine große Hürde für Jenny und eine ebenso große Herausforderung für uns. Ohne die Erfahrung von Anne Weischedel wäre das Einsteigen vielleicht nicht geglückt. Nach jedem der vielen Ansätze ohne Erfolg lief sie eben nochmals eine kurze Runde mit Jenny, um einen neuen Anlauf zu wagen. Meine spannende, sehenswerte Filmaufnahme davon dauert fünf Minuten bis zum ersten Einsteigen, gefühlt war es eine Ewigkeit.
Fast täglich wurde nun das Einsteigen geübt für kurze Fahrten vom Stall in den Mainbogen und abends wieder zurück, doch einfach war es nie, denn Jenny gefällt das nicht. Vor der ersten Fahrt am 29.11.2021 um 5:30 Uhr ging es noch, aber es wurde von Mal zu Mal schwieriger. Am längsten dauerte es im Januar bei der vierten Fahrt in die Klinik. Trotz einer Verspätung von 40 Minuten waren wir pünktlich in Hannover, denn an diesem Morgen waren wir früh auf den Beinen. Die Anspannung für die Begleitpersonen war wahrscheinlich nicht geringer als für Jenny selbst. Leider verletzte sich Werner mit dem Führstrick, zwei Finger wurden arg ramponiert und bluteten stark. Zum Glück waren wir immer zu zweit unterwegs und konnten die etwa vierstündige Fahrt dennoch angehen.
Letzten Endes haben die beiden Fahrer, Werner und ich, die vier Fahrten nach Hannover gut überstanden. Jenny natürlich ebenso, doch uns hat die Stute sehr viel Energie gekostet.
Der erste Termin in Hannover und nachfolgende Pflege
Großes Aufgebot bei der Vorstellung an der TiHo, zwei Tierärztinnen und der Leiter der Klinik für Pferde begutachteten Jenny bei der ersten Vorstellung. Die Meinung von Frau Grob, Frau Dr. Verhaar und Herrn Prof. Feige war einhellig: Der Tumor an der Schweifrübe sei nicht operabel. Eine Operationswunde wäre zu groß und es wäre unsicher, ob diese wieder verheilen würde. Und sowieso ließe sich das befallene Gewebe nicht komplett entfernen. Der Stress einer Operation solle Jenny erspart bleiben, womit der Pferdebesitzer einverstanden war, er vertraut den Ärzten.
Das Betreten des Behandlungsraumes erwies sich als Tortur für das Pferd. Manchmal, während längerer Wartezeiten, lief Werner mit Jenny über das Gelände der Pferdeklinik. Das gefiel ihr, waren doch dort auch andere Pferde in Behandlung. Mit großem Interesse blickte Jenny in die Boxen und wollte sogar in eines der Gebäude laufen. Jedoch den breiten Eingang in den großen Behandlungsraum verweigerte sie wegen der Türschwelle, einer eisernen Rinne als Wasserablauf, den Jenny partout nicht überschreiten wollte. Pferde vermeiden es auch auf Kanaldeckel zu treten, denn das andere Hufgeräusch gefällt ihnen überhaupt nicht. Mit einem Eingang ohne sichtbare Schwelle wäre es wohl leichter. Kleinigkeiten können eine große Wirkung haben, Pferde sind eben Fluchttiere.
Der Arztaufenthalt selbst verlief einfach, Blutabnehmen und dann noch die Injektion mit dem Impfstoff in die Brustmuskulatur. Nach Ende der Behandlung stand die Rückfahrt an, und genau, Jenny wollte wieder nicht einsteigen. Nach einigen chancenlosen Versuchen eilte uns einer der Tierpfleger erfolgreich zu Hilfe und wir konnten die Rückreise antreten. Bei den folgenden Besuchen in Hannover konnten wir dann immer eine kleine Gruppe von erfahrenen Pflegern motivieren, Jenny beim Einsteigen zu helfen. Meist ging es mit dem Kopf voran, aber einmal auch rückwärts. Das ist kein böser Wille des Pferdes und oft ist auch unklar, was genau das Problem ist.
Der nächste Termin Anfang August 2022 liegt noch in weiter Ferne. Jetzt wird sich nach vier Impfungen Jennys Immunsystem um die Melanome kümmern. Die Bedingungen sind gut, das Pferd hat ein schönes und selbstbestimmtes Leben, es ist den ganzen Tag draußen, trifft viele Menschen, die sie mögen. Füttern darf man Jenny nicht, sie soll nichts hartes mehr kauen, denn einige Zähne sind bereits locker. Jenny hatte für ein paar Tage arge Kauprobleme, nachdem ihr von der Tierzahnärztin an der TiHo ein verfaulter Zahn entfernt wurde. Die Extraktion hat sich aber gelohnt, denn inzwischen hat sich ihr Kauverhalten deutlich gebessert.
Was aus dem Tumor werden wird, gilt es abzuwarten. Eine solche Läsion benötigt tägliche Pflege, deren Ablauf wir in der TiHo gelernt haben. Insbesondere nachts muss die Wunde mit viel Verbandmaterial verbunden werden, um sie vor Infektion zu schützen. Wälzt sich Jenny auf dem Rücken, dann ist die Schweifrübe zum Glück ganz gut vor Kontakt mit dem Boden geschützt und das Infektionsrisiko beherrschbar. Tumorpflege und der tägliche Verbandswechsel werden von Anne übernommen. Das lässt sich leicht schreiben, es ist aber eine große Aufgabe, denn Jenny braucht diese intensive Pflege.
Filmprojekt zur Behandlung von Jenny
Sollte sich eine Fernsehproduktionsgesellschaft für einen Film zur Behandlung von Jenny interessieren, würde mich das sehr freuen. Mein Kurzfilm „THE WALK“ öffnet so manche Tür. So durfte ich auch während der Behandlung an der TiHo in Hannover filmen, wo sonst striktes Filmverbot herrscht. Somit habe ich Bildinformation direkt aus der Klinik, aus erster Hand. Nicht nur Menschen in Deutschland interessieren sich für die weiße Araberstute und ihre besonderen Lebensbedingungen, die ihr durch das Besitzerehepaar gewährt werden. Große Tageszeitungen, einschlägige Fernsehsender sowie Social Media-Seiten berichten über das Pferd aus Frankfurt. Viel ist bereits gesagt und geschrieben worden, ich will es hier nicht wiederholen, gebe aber mit meinem Beitrag einen Blick hinter die Kulissen. Es ist ein kleines Abenteuer: Jenny, Werner, Anne – Erwartungen, Hoffnungen und die weltweite Öffentlichkeit, die Anteil daran nimmt.
Bild- und Filmrechte: © Michael Jung
www.walkwithjenny.de
Verantwortlich i.S.d.P.:
Brigitte Friebertshäuser
Am Fischwehr 3
60386 Frankfurt
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5 Gedanken zu „Jenny – Bericht zur Behandlung in der Tierklinik“
das hier wurde mit soviel Gefühl berichtet, herzlichen Dank dafür. Somit gehen meine Wünsche weiterhin zu Jenny, Anne und Werner. Möge die Behandlung Jenny von den Melanomen befreien und ihr noch ein schönes Leben bescheren und wir sie noch lange sehen können.
Liebe Grüße aus dem hohen Norden
Werner und Anne sind für alle Tiere da Mann kann sie immer ansprechen wen man ein verletztes Tier findet .Sind die beiden die letzten die sagen würden ich hab keine zeit .Abends geh ich offt am Stall von Jenny vorbei um einfach mal hallo zu sagen .Tiere sind wunderbar .So auch werner und Anne. LG Ramona mit emmely u chako
Ich drücke Jenny und den Weischedels die Daumen!
Hoffe das alles gut geht ,gruesse aus Alabama!
Schöner Bereicht hoffe das jenny das alles gut übersteht.auch werner und anne viel kraft. in dieser schweren zeit,kenne die 3 schon jahre komme auch aus diesen dorf