Das Wichtigste zuerst: das melancholische Model auf unserem Titelbild heißt „Snowy“ und ist ein „Widder“, das sind Kaninchenrassen mit herabhängenden Ohren. Wie die anderen zurzeit etwa 650 Tiere im Tierheim der Stadt Frankfurt in Fechenheim wartet Snowy auf ein neues Zuhause bei engagierten Tierfreunden.
Letzten Samstag öffnete das Tierheim im Rahmen seines Herbstfests ab mittags die Pforten und lud interessierte Besucher auf einen Blick hinter die Kulissen ein. Dazu gab es Kaffee und selbstgebackenen Kuchen und einen „Basar rund um‘s Tier“ mit neuem und gebrauchtem Heimtierbedarf. Wie in der Woche zuvor beim Fischerfest wurde nach morgendlichen Regenschauern das Wetter gerade rechtzeitig immer freundlicher und die zahlreichen Gäste nahmen die Einladung gerne wahr, sich einen Eindruck von der Arbeit des „Tierschutzvereins Frankfurt am Main und Umgebung von 1841 e.V.“ zu machen.
Besucht werden konnte das Katzenhaus mit seinen großzügigen Gehegen, die nach Art des idealen Wohnzimmers aus Katzensicht gestaltet sind: viele Klettergerüste, Rückzugsmöglichkeiten, kuschelige Decken überall und das eigene private Körbchen. Fehlt eigentlich nur noch der eigene Mensch dazu.
Im Kleintierhaus gab man sich von den Besuchern völlig unbeeindruckt. Kaninchen, Meerschweinchen & Co. tummelten sich im oder unterm frischen Streu oder lagen wie die jungen Ratten malerisch aneinander gekuschelt im Mittagsschlaf. Immer ein trauriges Bild geben Vögel in Käfigen ab, die man eigentlich frei fliegend kennt, wie Bernhard, die Dohle. Wie eine Mitarbeiterin erklärte, ist Bernhard aber mit 15 Jahren schon zu alt, um noch ausgewildert zu werden. Beeindruckend seine Stimme, die schon mal mit der eines Beos verwechselt wurde!
Das Hundehaus war am Samstag wie auch sonst im Normalbetrieb nicht allgemein für Besucher geöffnet. „Das haben wir aus der Coronazeit gelernt, als wir für alle Besucher schließen mussten“, erzählt Patrick Iordanov, Vorstandsbeirat des Vereins. „In dieser Zeit waren die Hunde viel ausgeglichener, haben weniger gebellt und haben auch seltener unter Durchfall gelitten. Seitdem organisieren wir Besuche nur einzeln und mit Voranmeldung.“ Am Samstag waren die Hunde dennoch die Stars auf dem „Dogwalk“. Sie präsentierten sich den Besuchern im Freien zusammen mit Mitarbeitern des Tierheims, die als Dolmetscher ihrer persönlichen Tiergeschichte auftraten.
„Was sollte man sich überlegen, bevor man sich einen Hund als Haustier anschafft?“, will ich im Gespräch mit Iordanov wissen. „Vor allem, ob ich wirklich genug Zeit für das Tier aufbringen kann“, antwortet der Tierpsychologe ohne großes Nachdenken. „Ein Hund sollte mehrmals am Tag Gassi gehen, da kommen schnell einige Stunden zusammen. Wenn man diese Zeit nicht hat, sollte man sich überlegen, ob man stattdessen nicht lieber ehrenamtlich in einem Tierheim mitarbeitet und einen der dort lebenden Hunde regelmäßig ausführt.“ Außerdem sollte man bedenken, dass der Mensch aus Hundesicht ein Teil seines Rudels ist. Einen Hund über Stunden alleine in der Wohnung zu lassen oder schlimmstenfalls nach einigen Jahren abzugeben, ist für das Tier maximaler Stress.
Warum landen Hunde und andere Tiere überhaupt im Tierheim? „„Menschen kommen mit ihrem Hund nicht klar. Das sind dann oft die schwierigen Vermittlungsfälle, weil es dann zu Verhaltensauffälligkeiten kommen kann“, meint Michael Hallstein, Vorstandsvorsitzender des Vereins. Er ergänzt, dass es auch finanzielle oder andere soziale Probleme sein können, warum Menschen ein Tier nicht mehr halten können und befürchtet, dass es aufgrund der gegenwärtigen Preissteigerungen zu einem weiteren Anstieg der Abgaben von Tieren ins Heim kommt.
„Unser Tierbestand hat im Moment einen neuen Höchststand erreicht“, erzählt er. „Besonders macht uns die steigende Zahl an exotischen Tieren und Reptilien zu schaffen. Neben den Kosten für Terrarien, Futter und Energiekosten, sind vor allem die Platzprobleme gerade unhaltbar.“ Es wurde schon ein Sozialraum zum Reptilienraum umfunktioniert und die Tierheimleitung arbeitet zurzeit unter wahrhaft tropischen Bedingungen: Die Terrarien stapeln sich im Büro bis unter die Decke. Dafür soll jetzt Abhilfe geschaffen werden, indem ein Kellerraum für eine artgerechte Unterbringung der Tiere umgebaut wird. Da solche besonderen Projekte nicht aus den regulären Fördergeldern der Stadt Frankfurt finanziert werden können, bittet der Verein um Spenden auf betterplace.org.
Es bleibt außerdem darauf zu hoffen, dass auch durch die Gesetzgebung der Handel mit Wildtieren im Sinne des Tierwohls drastisch eingeschränkt wird. Laut der Organisation Pro Wildlife werden noch immer 90% aller Reptilien und fast alle Korallenfische aus der Natur gefangen und über den online Handel vermarktet.
Verantwortlich i.S.d.P.:
Brigitte Friebertshäuser
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