Frankfurt wählt einen neuen Oberbürgermeister, aber in Fechenheim interessiert das die überwiegende Mehrheit der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger nicht. Nachdem schon in der ersten Runde der Oberbürgermeisterwahl Fechenheim mit 23,5 % Wahlbeteiligung auf den letzten Platz aller Stadtteile kam, wurde dieses unterirdische Ergebnis bei der Stichwahl letzten Sonntag noch einmal mit 20,1% unterboten. Konkret bedeutet das, dass von 10 300 Wahlberechtigten nur 2074 Ihr Stimme abgegeben haben. Mike Josef wurde im Stadtteil zwar mit 51,1 % gewählt, was aber im Angesicht der niedrigen Wahlbeteiligung nur ein Vorsprung von 47 Stimmen gegenüber Uwe Becker darstellt.
Zum 175. Jubiläum des Paulskirchen-Parlaments und zu einer Zeit, in der Menschen nicht nur im Iran und der Ukraine für Selbstbestimmung und persönliche Freiheit kämpfen und sterben, hat sich unser Stadtteil im Großen und Ganzen von der politischen Beeinflussung seiner direkten Umgebung verabschiedet.
Die detailierten Ergebnisse für alle Frankfurter Stadtteile findet man hier.
Bevor wir jetzt reflexhaft in die beliebte Politikerschelte fallen („Die sind ja selber schuld, die tun ja nichts für Fechenheim“, „Wir sind doch hier sowieso immer nur die Dummen“), sollten wir uns vielleicht mal an die eigene Nase fassen. Ich bin sicher, auch in unserer Leserschaft gibt es Nichtwähler, auch in unserem Bekanntenkreis Menschen, die sich nur für ihre eigenen Befindlichkeiten interessieren. Vielleicht sollten alle die, die eine demokratische Gesellschaft nicht für selbstverständlich und abhängig von der Beteiligung vieler halten, viel öfter auch mal mit Freunden ungemütliche Gespräche führen. Konsumierst Du nur oder gestaltest Du mit?
Trotzdem hier auch ein Appell an die politischen Parteien: während im Riederwald die Nachbarschaftsgruppen und die politischen Initiativen (siehe Samstagsdemos gegen die Reichsbürger) blühen, ist von politischen Parteien in Fechenheim außerhalb von Werbeständen auf dem Fischerfest nicht viel zu sehen. Zur Oberbürgermeisterwahl gab es hier: nichts.
Der Stadtteil wird im Moment von den Aktionen der städtischen Körperschaften (Quartiersmanagement, Frankfurter Verband, Jugend- und Kinderzentren), den Kirchen und den Sportvereinen am Leben gehalten.
Liebe Ortsvereinsmitglieder aller Parteien: geht da vielleicht mehr? Zum Beispiel gemeinsam zur Vorbereitung der Landtagswahl im Herbst dieses Jahres? Oder wollen wir dann wieder ganz hinten sein bei der Wahlbeteiligung?
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Brigitte Friebertshäuser
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5 Gedanken zu „Fechenheim hat (nicht) gewählt“
Die Stadtteilgruppe (Bündnis 90/Die Grünen und Vertreter von SPD und Volt möchten am 6.4. 24 an einem Infostand in Alt Fechenheim Ecke Pfortenstraße von 11 bis 13 Uhr mit allen interesierten Bürgerinnen und Bürgern zum Thema ‘Wahlbeteiligung in Fechenheim’ ins Gespräch kommen. bitte beteiligen Sie sich an der Initiative zu mehr Demokratie.
Hallo Frau Westenberger-Breuer,
das finde ich super! Ein Beitrag erscheint dazu in den nächsten Tagen, hier ist schon mal der Eintrag im veranstaltungskalender:
https://mainkurier.info/wp-admin/post.php?post=42725&action=edit
Hallo Frau Nolte,
ich kann Ihnen nur beipflichten! Leider ist dieser Zustand in Fechenheim eine Realität geworden, denn seit Jahren findet hier keine öffentliche Kommunikation der ansässigen und gewählten Parteien statt. Es gäbe dazu sehr viele Gründe, die zu dieser Situation geführt haben, anzugeben. Doch es macht keinen Sinn, dass man nach hinten schaut, sehen wir lieber in die Zukunft und hoffen, dass es wieder besser wird.
Leider bin ich schon zu alt, ansonsten würde ich mich tatsächlich politisch engagieren.
Hallo Frau Neidel!
ich bin auch zu alt, um öffentlich zu demonstrieren, was wir in der Vergangenheit in Alabama gegen den Irakkrieg getan haben. Ich gehörte dort zu der “League of Women Voters”.
Mein Mann aber schreibt noch Leserbriefe an unsere lokale Zeitung in Exeter, NH, USA, in denen er die Leute zum Wählen aufruft.
Dass Sie mit uns gleicher Meinung sind freut mich. Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Demokratie weiter in Deutschland und in USA bestehen bleibt.
Die Wahlberechtigung der Bürger ist eine der wichtigsten Aufgaben in der einer Demokratie. Es ist schade, dass viele Menschen das nicht verstehen.
Doch mein Fechenheimer Grossvater hat es erkannt,. Ich fand im Internet eine Notiz, wo sein Name erschien in Verbindung in einer Wahl, bei der er er Bürgschaft für einen jungen Mann leistete und ihn als wahlberechtigt erklârte.
Die Demokratie ist heutzutage überall in der Welt in der Gefahr zu verschwinden.