Farbenfrohe Kunst erwartet den Mainkur-Bahnhof: Ein Gespräch mit der Künstlerin Thekra Jaziri

Ihre Kunst findet sich an immer mehr Orten im Rhein-Main Gebiet: florale Muster, bunte Farben und geometrische Formen. Nun wird sie auch zusammen mit Kindern und Jugendlichen aus dem Stadtteil Mitte Oktober den Bahnhof Frankfurt-Mainkur in Fechenheim neugestalten. Der mainkur:ier hat mit der Künstlerin Thekra Jaziri über ihren Werdegang und ihre Kunst gesprochen.

Kunst für Menschen

Thekras Kunst soll alle Menschen berühren – in ihrem Alltag, auf dem Weg zur Arbeit, im Viertel. Es ist Kunst, die dem öffentlichen Raum mehr Leben, mehr Farbe gibt. Überall da, wo das Stadtbild besonders grau und trist wirkt, muss sich etwas verändern muss, meint Thekra. Denn: „Leben ist Farbe.“

Die gebürtige Würzburgerin kam vor zwölf Jahren nach Offenbach, um an der HfG Kunst zu studieren. Nach einer abgebrochenen Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, war sie sich sicher: „Das Einzige, was ich wirklich gut kann, ist malen und zeichnen.“ Auch wenn sie mittlerweile für ihre Projekte viel unterwegs ist, ist Offenbach seitdem ihre Basis geblieben. Was sie an der Region am meisten schätzt? „Das Multi-Kulti und dass man einfach fast jedes Essen hier bekommen kann“, begeistert sich die Künstlerin mit tunesischen Wurzeln.

Die Anfänge

Im Studium versuchte sie sich zunächst im Bereich der Performance Art. Dass sie in ihrer Kunst Kontakt mit den Menschen wollte, wusste sie schon da. Auf soziale Kunst ist sie aber durch die Empfehlung ihres Professors Heiner Blum aufmerksam geworden, der sie auf ein Projekt der aktiven Nachbarschaft ansprach. Und auch bei Ausflügen in die Street Art, merkte sie schnell: Alleine malen macht nicht so viel Spaß wie gemeinsam.

Am Anfang musste sich Thekra selbst Stellen suchen, wo sie ihre Projekte umsetzen könnte. Sie sprach mit Quartiersmanagements und Ansprechpartner:innen vor Ort, ob diese oder jene Wand neu bemalt werden könne. In Schulen in der direkten Umgebung lud sie Jugendliche zum Mitgestalten und Mitmalen ein. Als sie damit vor ca. 7 Jahren anfing, lief das Ganze noch etwas holprig und war nicht wirklich rentabel. Mittlerweile bekommt sie aber so viele Anfragen, dass sie nicht mehr nebenher kellnern muss. Thekra lebt und arbeitet jetzt mit ihrer Kunst. Wenn nicht gerade Corona dazwischenfunkt, macht sie im Monat 1-3 Workshops. Und mit jedem Workshop werden Städte etwas bunter. Inzwischen finden sich Thekras Mural Art-Kunstwerke nicht nur in Deutschland, sondern auch in Ibiza, Gran Canaria oder Dubai.

© Juliane Kutter

Kunst mit Menschen

Die Kunst zu der Thekra damit gefunden hat, kann als „soziale und urbane Kunst“ beschrieben werden. Es ist Kunst im öffentlichen Raum – für Menschen und vor allem mit Menschen. Das hat aber nichts mit Graffiti zu tun, erklärt Thekra. Sie nutzt zwar das gleiche Medium, Graffiti muss aber, weil es häufig nicht erlaubt angebracht wird, schnell gehen und besteht typischerweise nur aus Typographien. Am liebsten bezeichnet sie sich einfach als „Wandmalerin“. Sie bemalt eben große Wände, ohne das weiter kategorisieren zu müssen.

Gemeinsam malen mit Kindern und Jugendlichen

Umgesetzt werden viele ihrer Projekte mit verschiedenen Trägern vor Ort, die auch den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen herstellen, die an den Workshops zum Ausmalen der Kunstwerke teilnehmen. Zwei bis drei Tage Vorbereitung braucht Thekra alleine vor Ort, bevor der Workshop stattfinden kann. Für die Auswahl der Motive fragt sie auch die Kinder und Jugendlichen bei den Workshops, welche Themen im Bild vorkommen sollen. Sie selbst komme als Fremde an diese Orte und durch die Interaktionen mit den Kindern und Jugendlichen, aber auch mit den Leuten vor Ort möchte sie herausfinden, was die Menschen sich dort wünschen. Ihre Kunst solle eben kein „Egoding“ sein, sondern den Leuten gefallen, die täglich daran vorbeikommen, erklärt Thekra.

Damit das Malen mit den Kindern und Jugendlichen für alle gut funktioniert, hat sich Thekra ein Konzept überlegt, bei dem keine Fehler stattfinden können. Das Malen solle Spaß machen und nicht in der Frustration enden, dass es nicht so ausschaut, wie man sich das gewünscht hätte. Dafür zeichnet Thekra die Formen vor und danach wird zusammen ausgemalt. Dafür muss man selbst nicht mal gut malen können. Die Farben dürfen selbst gewählt werden. Die einzige Regel: Es darf nicht dieselbe Farbe nebeneinander verwenden. Denn es soll richtig schön bunt werden.

Für die Straße und die Welt

So entstehen „große Wimmelbilder“, in denen es immer etwas zu entdecken gibt und die, so wie es sich die meisten Menschen auch wünschen, dem Ort mehr Fröhlichkeit und Lebendigkeit verleihen. Dass ihre Kunst nicht allen gefällt, oder auch mal Graffitis über ihre Bilder gesprayt werden, nimmt die Künstlerin gelassen hin: „Die Straße gehört nicht mir, nicht denen. Sie gehört uns allen. Wir haben alle unsere Berechtigung, uns im Stadtbild auszudrücken.“

Und wenn sie einen Wunsch frei hätte? „Das bedingungslose Grundeinkommen.“ Thekra lacht. „Nein, Zufriedenheit und Gesundheit für alle, den Welthunger besiegen, keine Kriege, keine Waffen.“

Das Projekt Mainkur-Bahnhof unterstützen

Das Projekt am Mainkur wird gemeinsam von Husein Peratovic vom „Verein Zukunft Fechenheim“ und Leonore Vogt vom Quartiersmanagement Fechenheim organisiert und unterstützt. An dem Workshop sind das Selbstverwaltende Jugendzentrum Fechenheim, JUZ Fechenheim, das Kinder- und Jugendhaus Fechenheim, die Türkische Kulturgemeinde Fechenheim e. V. und KUBI e. V beteiligt. Mitte Oktober soll es losgehen. Bis dahin wird noch für die finanzielle Unterstützung des Projekts gesammelt.

Wer das Projekt in Fechenheim gerne unterstützen möchte, kann das unter der folgenden Kontoverbindung tun:

Empfänger: Diakonisches Werk für Frankfurt und Offenbach
Verwendungszweck: UK 10 Mainkur” Haushaltsstelle 2110/05/2210
Evangelische Bank eG
BIC: GENODEF1EK1
IBAN: DE11 520604100104000200

Bitte den genauen Verwendungszweck übernehmen.

Um sich in der Zwischenzeit schonmal einen Eindruck von Thekras Kunstwerken zu verschaffen, lohnt es sich, in Offenbach die Fußgänger- und Fahrradunterführung Richtung Hafen, den Mathildenplatz oder in Frankfurt den Bahnhof Galluswarte zu besuchen.

Und über welche Motive würden sich Fechenheimerinnen und Fechenheimer am Mainkur-Bahnhof freuen? Schreiben Sie uns gerne in den Kommentaren.

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