Wer öfters aus Offenbach mit dem Fahrrad über die Carl-Ulrich-Brücke nach Fechenheim einfährt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit am Ende der nördlichen Rampe schon einmal eine brenzlige Begegnung mit einem dicht auffahrenden Auto erlebt. Als dem Redakteur dieser Zeitung im Oktober letzten Jahres an dieser Stelle ein PKW mit viel zu hoher Geschwindigkeit viel zu nahe kam, sah er seine Zeit zum Handeln gekommen. Auf ein Schreiben an Zuständige im Magistrat, im Ortsbeirat und bei der Polizei folgte nach einer Weile nun eine Antwort des neuen Mobilitätsdezernenten Stefan Majer, die auf Verbesserungen in naher Zukunft hoffen lässt.
Der Ortsbeirat hat das Problem seit Jahren auf der Agenda, erreichte aber bei den Behörden in Stadt und Land wegen bestrittener Verantwortlichkeit kein aktives Eingreifen zum Schutz des Radverkehrs. Bei der Polizei wird davon ausgegangen, “dass sich das wirkliche Gros der Kfz.-Führer an die Tempo 30 Vorgabe hält.” Zudem heißt es, dass “die Stelle bereits durch Umbaumaßnahmen in der Vergangenheit entschärft wurde”. Wer sich einmal die Zeit nimmt, für eine halbe Stunde den Verkehr an der Brücke zu beobachten, wird nicht zum gleichen Ergebnis kommen.
Was ist das Problem? Der Fahrradweg wird am Ende der Brücke von dem breiten gemeinsamen Fuß-/Radweg auf die Straße eingefädelt. An und für sich eine sinnvolle Maßnahme, da der Fußweg hier sehr schmal wird und Fußgänger entgegenkommenden Fahrrädern nicht ausweichen könnten, ohne auf die Straße zu treten. Doch genau an dieser Stelle wird auch die Straße für den motorisierten Verkehr zum Engpass. Auf diesen wird per Straßenschild hingewiesen, nicht aber auf die plötzlich auf die Fahrbahn gelenkten Fahrräder.
Viele PKW-Fahrer rechnen also gar nicht damit, dass die Radler, die eben noch auf dem Gehweg zu sehen waren, nun plötzlich auf der Straße auftauchen. Die drei Warnbaken, die auf den Engpass hinlenken, bilden zusätzlich noch eine Sichtbarriere vor dem Spurwechsel der Radler. Autofahrer mit überhöhter Geschwindigkeit ahnen daher gar nicht, welche Gefahr sie mit ihrer mutmaßlich kleinen Verkehrswidrigkeit tatsächlich verursachen.
Stadtrat Majer, selbst aktiver Radfahrer, möchte nun gemeinsam mit den zuständigen Fachämtern für Abhilfe sorgen: “Die beschriebene Stelle ist leider zu eng, um den Radverkehr eigenständig zu führen. Um die Gefahrenstelle hier stärker zu verdeutlichen, wird im ersten Quartal 2022 ein zusätzliches Verkehrszeichen (VZ 138 „Radverkehr“) vor dem Ende der Brücke angebracht.” Witterungsabhängig solle zudem möglichst bald die Markierung des Schutzstreifens erneuert werden. Es wird auch der Bereich, an dem der Radverkehr auf die Fahrbahn geführt wird, vom Beginn der gestrichelten Linie bis kurz vor das erste Fahrradpiktogramm mit einer rund fünf Meter langen Rotmarkierung versehen werden. Die Beeinträchtigung der Sicht auf den Radverkehr durch die drei Baken werde geprüft. “Ich gehe davon aus, dass durch diese Maßnahmen die Situation vor Ort verbessert wird”, bekräftigt Majer. Zumindest würden Autofahrer durch die neuen Maßnahmen endlich besser auf diese schwierige Situation vorbereitet werden.
Doch es gibt auch noch eine Gegenspur, die bislang nicht thematisiert wurde.
Auf lange Sicht wird ein zeitgemäßes Konzept für die Nordrampe der Carl-Ulrich-Brücke benötigt. Der Ortsbeirat 11 bestätigte in seiner Sitzung am 10.1.2022 einstimmig einen Antrag der Grünen, in dem der Magistrat gebeten wird, die existierende Planung eines Fuß- und Radweges für die Nordrampe der Carl-Ulrich-Brücke in Fechenheim im Ortsbeirat 11 vorzustellen. Begründung: “Am 4. Dezember 2014 wurde der Ersatzneubau der Carl-Ulrich-Brücke dem Verkehr übergeben. Offenbach hat dem Neubau der Brücke Rechnung getragen und eine den Anforderungen des Fuß-, Rad- und motorisierten Verkehr adäquate Anbindung über die Südrampe realisiert. Frankfurt hat nach 7 Jahren weiterhin eine unzulängliche Anbindung über die Nordrampe an diese für Frankfurter*innen und Pendler*innen wichtige Brücke. Über eine nur 10m breite Trasse werden hier 15000 PKW, LKW und Busse und der gesamte Fuß- und Radverkehr dieser vielgenutzten Brücke abgewickelt. Schon heute ist aus Sicherheitsgründen die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h eingeschränkt. Eine Überprüfung der selten eingehaltenen Geschwindigkeitsbeschränkung findet bis heute nicht statt. Die Neuorganisation und Abwicklung des Fuß- und Radverkehrs ist überfällig und muss zeitnah realisiert werden.”
Also doch noch eine über Stadtrat Stefan Majers “Erste Hilfe”-Angebot hinausgehende Herausforderung für den Magistrat.
Fotos: Günter Krause-Friebertshäuser
Verantwortlich i.S.d.P.:
Brigitte Friebertshäuser
Am Fischwehr 3
60386 Frankfurt
kontakt@mainkurier.info
2 Gedanken zu „Carl-Ulrich-Brücke – Verbesserungen für Radverkehr stehen bevor“
Wenn man zwecks Erstellung eigener, ausreichend breiten Trassen an beiden Strassenseiten die Bäume nicht fällen kann und möchte, wären evtl. eine die Bäume umfahrende Stegkonstruktion entlang der beiden Böschungen ein Lösungsansatz. Aber getan werden muss zeitnah etwas.
Lieber Günter,
gut Dass Du Dich der Sache annimmst, meine seinerzeitigen Bemühungen in dieser Sache sind an der Ignoranz von Politik, Verwaltung und Polizei zerschellt . Viel Erfolg!
Joachim