Am Rande des nördlichen Fechenheim lag bis vor Kurzem die „Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland“. Nun ist die Einrichtung kurzfristig an den Übergangsstandort des geplanten hessischen Artenschutzzentrums in Gießen umgezogen. Ein Verlust für den Stadtteil.
Ein verborgenes Idyll
Wer die Vogelschutzwarte das erste Mal besuchte, war in der Regel verzaubert von diesem ganz besonderen Ort. Denn wer angesichts eines staatlichen Instituts an vergilbte Bücher und staubige Exponate dachte, traf weit an der Realität vorbei. Das holzverkleidete Haus mit den großen Fenstern ruht eingebettet in ein liebevoll angelegtes Gelände. Um einen großen Teich summt und quakt es. In der benachbarten Vogelvoliere saßen manchmal hilfsbedürftige Wildvögel, zumindest aber (publikumsscheue) Wachteln. Auf der anderen Seite des Hauses ein Gärtchen und ein Hühnergehege, und im eingezäunten „Walderlebnisgelände“ hinter der Warte ein Stück naturbelassener Mischwald, in dem Grundschulklassen und Kindergartengruppen im Rahmen von sorgfältig konzipierten Bildungsangeboten mehr über heimische Vogelarten, Waldbewohner und Artenschutz lernen konnten.
Konflikte zwischen Vogelschutz und Naherholung?
Für den Stadtteil war die Vogelschutzwarte vor allem in den letzten Jahren auch fachlich wichtig geworden und für das Quartiersmanagement war sie einer der ersten Kooperationspartner nach Arbeitsaufnahme.
Im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen für den Bau des Riederwaldtunnels und die Erweiterung der A661 war die Herausnahme von Waldflächen aus der forstlichen Nutzung im Fechenheimer Wald geplant. Konkret bedeutet dies, dass Spazierwege geschlossen werden sollten, um geschützten Arten in räumlicher Nähe zum bisherigen Lebensraum Alternativen anbieten zu können. Insbesondere ging es hier um eine Kolonie der seltenen Bechsteinfledermaus, die auch auf der Roten Liste gefährdeter Arten zu finden ist. Doch vor allem Hundebesitzer*innen und Familien empfanden den Rückbau der anvisierten Wege als empfindliche Einschränkung möglicher Naherholung.
Gemeinsame Verantwortung für den Naturschutz
In einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Ortsbeirat, dem Bauträger Hessen Mobil, der Vogelschutzwarte und dem Quartiersmanagement wurden die Bewohner*innen zum Dialog geladen. Der Vogelschutzwarte kam dabei die Rolle zu, bei einem abendlichen Spaziergang in den Wald die heimischen Tierarten – insbesondere die Fledermäuse – vorzustellen. Frau Stiefel, Leiterin der Vogelschutzwarte, gelang dies einfühlsam und zugleich nachdrücklich und nachhaltig.
Im Konsens einigte man sich auf eine alternative Wegeeinschränkung. Dieser Dialog wiederum war der Auftakt für das Projekt „Geheimnisvolle Nachbarn“ zwischen Vogelschutzwarte und Quartiersmanagement. Um künftigen Nutzungskonflikten vorzubeugen und um zum Erhalt dieses besonderen Artenvorkommens im heimischen Wald beizutragen, kamen Gruppen aus den Kindergärten und Schulen des Stadtteils zum Bau von Fledermausnistkästen in die Warte. Dabei erfuhren sie viel über die geheimnisvollen Nachbarn mit dem riesigen Hunger auf Insekten.
Zusätzlich boten Fledermausabende die Möglichkeit, die Nachtgeister live über der Warte fliegen zu sehen und ihre Rufe über ein Ultraschallgerät zu hören. Wahrscheinlich würden in keinem anderen Frankfurter Stadtteil so viele Kinder auf die Frage, was ihr Lieblingstier sei, überzeugt „Fledermäuse“ antworten.
Dank an das Team der Vogelschutzwarte
Im Fechenheimer Norden bedauern wir den Wegzug der Vogelschutzwarte alle sehr. Es geht uns nicht nur ein besonderer Ort verloren, sondern es verlässt uns auch ein ganz wunderbares Team, das seiner Arbeit mit Begeisterung und Herzblut nachgegangen ist und Natur- und Artenschutz erlebbar und konkret gemacht hat. Wir hoffen sehr, dass es uns gelingt, dieses Fundament zu stärken und auszubauen
Verantwortlich i.S.d.P.:
Brigitte Friebertshäuser
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