250 Jahre Melanchthonkirche

Die Melanchthonkirche in Fechenheim feiert dieses Jahr ihr 250-jähriges Jubiläum. Zur Jubiläumsfeier am 31. Oktober wird ein Gottesdienst gefeiert und eine Kirchenführung angeboten. Doch so wie uns das Kirchengebäude heute in Fechenheim begegnet ist es nach über 250 Jahre des Auf- und Umbaus erst geworden. Und die Geschichte der evangelischen Gemeinde Fechenheims reicht noch weiter zurück. Matthias Eislöffel führt uns in seinem Artikel über die Geschichte der Melanchthonkirche weit zurück in die Vergangenheit Fechenheims.

Die Anfänge

Die Geschichte beginnt als Fechenheim noch ein kleines Dorf war, dessen Einwohner – entgegen dem gerne beschriebenen Charakter Fechenheims als einem kleinen Fischerdorf am Main – von Handwerk und Landwirtschaft lebten. 1390 erklang der erste Glockenschlag der historischen Glocke der Kirche – heute zu sehen im Foyer der Melanchthonkirche.

Glocke aus dem Jahr 1390 (heute im Foyer der Kirche)

Wer glaubt hier? Reformation und Hanauer Union

Seit der Reformation ist Fechenheim protestantisch. Als 1563 die Pest im Land umging und die Fechenheimer darin eine Strafe Gottes sahen, flehten sie den Grafen an, endlich den alten katholischen Pfarrer durch einen lutheranischen zu ersetzen. Sie bekamen den Pfarrer der Rumpenheimer Gemeinde zugeteilt, der fortan für beide Gemeinden zuständig war. Bis 1719 blieb Fechenheim an die Gemeinde in Rumpenheim angegliedert.

Doch so kurz nach der Reformation war Evangelisch nicht gleich Evangelisch. Die evangelische Gemeinde war in zwei Konfessionen gespalten: die Lutheraner und die Reformierten.

Am 19. Januar 1770 war in Fechenheim der Baubeginn der neuen Kirche für die Lutheraner, später einmal die Melanchthonkirche. Weil die Kirche der Reformierten baufällig war, zogen sie 1790 mit in den Neubau der Lutheraner. Eher aus Pragmatismus denn aus Idealismus wurde die Fechenheimer Gemeinde so zu einem Vorreiter der Hanauer Union, der Vereinigung von Lutheranern und Reformierten im Jahr 1818. Die Streitigkeiten um die fehlende finanzielle Beteiligung der Reformierten in der Fechenheimer Gemeinde konnte 1808 mit einer Entschädigung an die Lutheraner und der Übergabe der Glocke aus dem Jahr 1390 von der alten baufälligen Kirche der Reformierten beigelegt werden.

Renovierung und Zerstörung: Ein Marsch durch die Geschichte

Matthias Eislöffel führt durch weitere Stationen der Geschichte der Melanchthonkirche und Fechenheims: Über die Anschaffung der heutigen Orgel im Jahr 1852, das Wachsen Fechenheims im Zuge der Industrialisierung (besonders durch die Ansiedlung der heutigen „Cassella“ im Jahr 1870), die Gründung der erstmals wieder katholischen Kirche in Fechenheim Herz-Jesu im Jahr 1896, den großen Um- und Ausbau des Kirchengebäudes im Jahr 1901 (möglich unter anderem dank der Spenden wohlhabender Gemeindemitglieder, darunter leitende Mitarbeiter und Chemiker der Firma Cassella) und die Einweihung der renovierten Kirche im Jahr 1902. Im gleichen Jahr wurde auch das neue Rathaus gebaut, das heute noch Nachbar der Melanchthonkirche ist.

Und immer noch hatte die Kirche nicht ihre heutige Gestalt. Nachdem das Gebäude im Ersten Weltkrieg keine größeren Schäden erlitten hatte, wurde 1925 der Beschluss zum Bau eines neuen Turmes gefasst, da der alte keine schweren Glocken tragen konnte. Möglich wurde das Vorhaben erst mit der Eingemeindung Fechenheims durch Frankfurt am 1. April 1928, die die nötigen Gelder verfügbar machte. 1928 wurde der Grundstein für den heutigen Kirchturm gelegt, 1929 die neuen Glocken eingeweiht.

Erst 1930 bekam die Kirche den Namen, unter dem man sie heute kennt: Aufgrund seiner Bemühungen um die Vereinigung der beiden evangelischen Bekenntnisse wurde die evangelische Gemeinde nach dem Reformator Philipp Melanchthon benannt.

Die Wirren des Zweiten Weltkrieges spalteten Fechenheim und die Gemeinde nicht nur politisch, sondern kosteten sie auch die neuen Glocken, die an die Rüstungsindustrie gingen. Zurück blieb nur die kleinste Glocke und (aufgrund ihres historischen Wertes) die Glocke aus dem Jahr 1390. Die Schäden an dem Kirchgebäude waren nach dem Zweiten Weltkrieg weitaus größer als nach dem Ersten, zumal der Kirchturm noch in den letzten Tagen des Krieges von amerikanischen Panzern beschossen wurde, die die Schaulustigen auf dem Kirchturm für militärische Beobachter hielten.

Bis zur heutigen Gestalt

Nach der zunächst nur notdürftigen Renovierung der Kriegsschäden erhielt die Melanchthonkirche seit 1950 allmählich ihr heutiges Erscheinungsbild: 1950 bekam sie die kupferne Kugel und den Wetterhahn, der heute immer noch über Fechenheim thront und ein beliebter Landeplatz für die hiesigen Krähen ist.  Erst nach 1954 wurden die Glocken angeschafft, die man hier heute läuten hören kann. Von 1960 bis 1962 wurde die Kirche aufgrund der nur notdürftigen Reparaturen der Kriegsschäden und der in der Zwischenzeit vollzogenen Arbeit der Holzwürmer einer weiteren Grundsanierung unterzogen. Am 2. Advent 1966 konnte die renovierte Kirche schließlich eingeweiht werden – seit 2004 gerahmt von einem neuen Gemeindezentrum.

Die Gemeinde heißt heute einfach nur Evangelische Gemeinde Fechenheim, aber die Kirche hat ihren Namen „Melanchthonkirche“ behalten. Seit 1983 ist sie auch das Gotteshaus für die syrisch-orthodoxe Gastgemeinde und erweist damit ihrer Rolle als Vorreiter der Hanauer Union heute noch Ehre. In Ihrem Foyer steht immer noch die Glocke aus dem Jahr 1390, für die der Kirchturm dann doch nicht stabil genug war.

Der Artikel von Matthias Eislöffel

Wer gerne noch tiefer in die Geschichte der Fechenheimer Melanchthonkirche eintauchen möchte, der kann sich das PDF des detailliert aufgearbeiteten Artikels von Matthias Eislöffel (auch zum Ausdrucken) herunterladen.

Bildnachweis: © Matthias Eislöffel, Heimat- und Geschichtsverein Fechenheim, Archiv evangelische Kirche Fechenheim

Titelbild: Creative Commons

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